Kreisbaugruppe Rems-Murr 2020

MeldungPressemitteilungKV Stuttgart

Die Waiblinger Kreispresse berichtete am Freitag, dem 24. Juli 2020 von der Jahrespressekonferenz der Kreisbaugruppe Rems-Murr am Mittwoch. Der Kreisverband DER LINKEN und Kreisrat Ronald Borkowski setzen die Darstellung der Kreisbaugruppe aus ihrer Sicht in den richtigen Rahmen:

Richtig bleibt, dass nicht nur viele Haushalte, sondern etwa jeder zweite im Landkreis Anspruch auf Belegung einer öffentlich geförderten Wohnung oder auf Wohngeld hätte, das sind grob 100.000 (!). Richtig ist aber auch, dass der Landkreis etwa 50 Mio. Euro pro Jahr (!) für Unterkunftskosten von Bedürftigen ausgibt – ein Betrag mit dem man in wenigen Jahren leicht weitere 500 kreiseigene Wohnungen bauen könnte, wenn man politisch wollte. Unrichtig ist, dass die Durchschnittsmiete bei der Kreisbaugesellschaft bei sieben Euro pro Quadratmeter liegt. Das trifft nur auf die “Sozial”wohnungen des Kreises zu. Richtig wäre, auch zu schreiben, dass eine öffentliche Miete von fünf Euro pro Quadratmeter erreichbar wäre, wenn alle politisch Verantwortlichen gemeinsam die Wohnungsnot in den Ballungsräumen als Problem ernst nehmen würden.

Das fängt beim Bund an, der den sozialen Wohnungsbau seit zwanzig Jahren nicht mehr fördert. (Man erinnere sich daran, dass damals “Rot”-Grün regierte!) Dies hat erst zum raschen Abbau des sozialen Wohnungsbestandes geführt, der jetzt den Menschen als hohe Miete auf den Kopf fällt. Der Markt richtet es eben nicht. Statt dessen werden nach Sozialrecht Milliarden für Unterkunftskosten an die Vermieter durchgereicht. Eine ernsthafte steuerliche Unterstützung des Bundes für den gemeinnützigen Wohnungsbau würde die Miete schon von sieben Euro pro Quadratmeter auf fünf senken. Zudem besitzt der Bund eine große Zahl nicht mehr benötigter Liegenschaften, beispielsweise alte Miltärstandorte, in guten Wohnbaulagen.

Zuständig für den Wohnungsbau sind seit der Föderalisreform 2016 aber in erster Linie die Länder. Immerhin gibt es in Baden-Württemberg ein anerkennenswertes Förderprogramm für mietreduzierten Wohnungsbau. Auch die Bereitstellung von Baugrund durch die Städte und Gemeinden trägt immer wieder ganz wesentlich zu vernünftigen Mieten bei – aber eben nicht oft genug. Viel zu viele Kommunen planen immer noch vorzugsweise Einfamilienhäuser auf die knappe grüne Wiese statt kommunale Mietwohnungen. Die Leistungen der Kommunen im Wohnungsbau sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von netto leeren Versprechungen (Fellbach) bis zur doppelten Wohnbauleistung in Schorndorf. Ernsthafte Bemühungen um die Nutzung von Baulücken und Wohnungsleerstand und sind die Ausnahme (bspw. wieder Schorndorf).

Die Kreisbaugruppe soll hier nicht in erster Linie kritisiert werden. Mit der Stärkung des Mietwohnungsbaus, einem oft geschickten Projektmanagement, dem Verzicht auf betriebswirtschaftliche Gewinne dabei und mit der Quersubventionierung aus anderen Geschäftsfeldern wird jetzt das wirtschaftlich Mögliche getan. Aber die Botschaft “mehr geht nicht im Landkreis” wäre die falsche. Darf der Wohnungsbau pausieren, wenn das aktuelle Wohnbauprogramm in 2023 abgewickelt ist? Haben wir schon eine kreisweite Wohnraum-Leerstand-Analyse? (Der Landkreis Böblingen hat das bereits vor zehn Jahren hinbekommen). Haben wir einen kreisweiten Überblick über die kommunalen Wohnungsbestände und -bedarfe, der mit Transparenz Druck erzeugt? Sind nicht doch noch ein paar Millionen im Kreishaushalt verfügbar, wenn man – quasi aus der Portobörse – schnell zig Mio Euro Stabilisierung für die Kreiskliniken zaubern kann? Vielleicht nicht, so lange zu viele Bürgermeister auch Kreisräte sind und die Kreiskasse schmal halten. Eigentlich ein Fall von Interessenkonflikt!

Von der Exportförderung mit Niedriglöhnen in Deutschland und Corona wollen wir hier der Kürze halber schweigen.